Dresden 2019

Farbe, Kunst und eine Doktorarbeit auf Klopapier - die Kustodie an der TU Dresden

6. Februar 2019, 8:00 Uhr morgens, Hauptbahnhof Magdeburg Gleis 13: Eine Gruppe 14 Studierender, die an der OVGU das Kustodie-Projekt durchführen und die Kustodie Ausstellung "25 Jahre OVGU" ab dem 24. Mai 2019 planen, machte sich auf den Weg an die Technische Universität Dresden, um sich über die dortige Kustodie-Ausstellung, den Umgang mit Kunst am Campus und die Farbausstellung in der Fakultät für Chemie und Lebensmittelchemie zu informieren.

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Begleitet von Frau Dr. Nora Pleßke und Herrn Carsten Kullmann begann der Tag in Dresden mit einer kleinen Führung durch den Ausstellungsraum der Kustodie. Die dortige Dauerausstellung zeigt den Besuchern sehr unterschiedliche Ausstellungsstücke, die verschiedenen Wissenschaften oder auch Epochen seit dem Bestehen der TU Dresden zugehörig sind. Frau Kirsten Vincenz, die Direktorin der Kustodie, begrüßte uns und ließ uns nach einer kurzen Einführung eigenständig die ausgestellten Objekte erkunden und begutachten. Auf relativ kleinem Raum werden Objekte zum Thema Ökologie und Forstwirtschaft, aber auch Mechanik und verschiedene Messinstrumente sowie persönliche Gegenstände berühmter und tragender Persönlichkeiten im Laufe der Entstehung und des Bestehens der Technischen Universität zu sehen. Nachdem wir uns wieder als Gruppe zusammenfanden und Frau Vincenz begann, einige Details zu einzelnen Objekten, ihrer Bedeutung und Verwendung zu erzählen, wurde schnell klar, dass allein die ausgewählten Objekte in diesem Raum mehr Informationen und Geschichten bieten, als in einem Tag aufzunehmen ist. Wir bekamen Modelle in die Hand, mit denen Student*innnen ehemals mechanische Antriebstechniken nachvollziehen und ausprobieren konnten. Der Sekretär des Gründers der Universität oder eine auf Klopapier geschriebene Doktorarbeit waren ebenfalls Objekte, die unser Interesse weckten. Abschließend kam Frau Vincenz auf die aufgehängten Fotos zu sprechen, auf denen die Stadt Dresden und die Universität vor der Zerstörung durch die Bombardierung Ende des Zweiten Weltkriegs zu sehen ist.

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Da unser Ziel eine eigene Ausstellung zur Universitätsgeschichte der OVGU ist, betrachteten wir abschließend auch noch einmal das Gesamtkonzept der Dauerausstellung in Dresden: Welche Objekte wurden ausgewählt? Wie wurden einzelne Objekte thematisch miteinander verbunden oder getrennt? Welche Themenkomplexe befanden sich nebeneinander bzw. standen losgelöst voneinander? Wie viele Objekte lassen sich auf relativ kleinem Raum ausstellen, ohne dass der*die Besucher*in erschlagen wird?

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Nachdem wir unsere kleine Tour durch die Dauerausstellung abgeschlossen hatten, wurden wir in den nächsten, etwas kleineren Raum geführt, in dem wir uns von eingepackten, gerahmten Bildern und Graphiken umgeben sahen. Frau Gwendolin Kremer, zuständig für den Kunstbesitz der TU Dresden, erklärte uns, dass viele Ausstellungsstücke und Kunstwerke schon stark unter den nicht ordnungsgemäßen Lagerungsverhältnissen gelitten haben und dass die Restauration viel zu langsam vorangeht, um die Menge der beschädigten Kunstwerke innerhalb eines absehbaren Zeitraums zu restaurieren. Frau Kremer, die selbst studierte Kunsthistorikerin ist, erklärte uns, dass es auch oftmals an ausgebildeten Fachkräften, zum Beispiel Galeristen, oder Räumlichkeiten mangelt, um die Kunstobjekte ordentlich ausstellen bzw. lagern zu können. Ihre Arbeit besteht unter anderem auch noch darin, den Bestand ordentlich zu katalogisieren und zu erschließen. Es kam wieder zum Vorschein, dass gerne an der Kunst und Kultur gespart wird, die Erwartungshaltung an jene, die die Arbeit letztendlich ausführen, dennoch relativ hoch ist.

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Nachdem wir den Einblick in die Arbeit der Kunsthistorikerin bekommen hatten, machten wir uns auf den Weg durch verschiedene Gebäude der TU Dresden, um Kunst am Bau begutachten zu können. Auf unserem Weg, kamen wir an einem Bild vorbei, das reliefartig in eine Wand gehauen worden war. Auf dem Bild waren wichtige Persönlichkeiten und Wissenschaftler abgebildet. Im Gegensatz zur „bloßen“ Abbildung der bedeutenden Wissenschaftler, kamen wir auf unserem kleinen Rundgang auch zu einem Kunstwerk einer Säule mit bunten Quadraten, die für die Spektralfarbzerlegung steht. An einer Info-Tafel konnte man sich über den Künstler und die Bedeutung des Kunstwerkes belesen, aber auch für die Betrachtenden, denen die Geschichte gleichgültig ist, ist die Säule schön anzusehen. An diesem Kunstwerk ließ sich auch sehr gut die Problematik der Benutzung bzw. Abnutzung der Kunst am Bau erklären: Studierenden, Besuchenden und anderen, die an dieser Säule vorbeigehen, um zur Treppe zu gelangen, scheinen die Folgen des achtlosen Umgangs dieses „Dekorationsobjekts“ nicht bewusst zu sein. Frau Kremer zeigte uns die abgeplatzten bunten Elemente, die einer Restauration bedürfen (wofür es wieder schwierig ist, jemanden zu finden) und gleichzeitig kamen wir auf die Schwierigkeit zu sprechen, nicht geschützte Kunst vor der Zerstörung zu bewahren. „Man kann ja auch nicht alles hinter Panzerglas verstecken.“ Wir betrachteten außerdem die bunt bemalten Wände des Audimax im Hörsaalzentrum, die von Michael Fischer comicartig gestaltet wurden. Die letzte Station auf unserem Rundgang war die ALTANA-Galerie im Görges-Bau, ein weiterer Ausstellungsort der Kustodie Dresden, der auch sehr an eine moderne Galerie erinnert.

Altana_Galerie

Wir setzten unsere Besichtigung in einem Gebäude fort, in dem wir uns durch einige Bau- und Renovierungsarbeiten schlängeln mussten, ehe wir von Herrn Prof. Dr. Horst Hartmann in Empfang genommen worden. Nach einem kleinen Einstieg in einem Raum, der aussah wie ein altes Klassenzimmer, begaben wir uns auch schon in einen anderen altertümlich wirkenden Raum, der an eine alte Apotheke erinnerte. Unsere Gruppe versammelte sich um Herrn Dr. Hartmut Fröb und die bunten Steine und die mit buntem Pulver gefüllten Reagenzgläser. Zu Beginn erklärte er uns, dass es einen Unterschied zwischen Farbstoffen und Pigmenten gibt, aus welchen Steinen und Mineralien die einzelnen Farbstoffe gewonnen werden und dass es nicht unüblich ist, die echten, natürlichen Farbstoffe künstlich zu erzeugen, da dieses Vorgehen oftmals deutlich kostensparsamer ist, wie zum Beispiel bei der Farbe Indigo oder auch für Purpur. Bei diesem Farbstoff, der aus einer bestimmten Schnecke gewonnen wird, bedarf es ca. 10.000 Schnecken, um einen Milliliter Farbstoff zu gewinnen. Nach der Einführung gingen wir zu den einzelnen „Apothekerschränken“, die Herr Dr. Fröb für uns öffnete. Der Anblick unzähliger Gläser und Flaschen ließ uns staunen ebenso wie die ein oder andere Geschichte, die sich hinter einzelnen Farbstoffen versteckte. Zum Beispiel wussten wahrscheinlich niemand von uns, dass Menschen früher aufgrund der grünen Farbe in der Tapete sterben konnten, weil chemische Reaktionen dafür sorgten, dass man innerlich erstickte. Wir begutachteten frühere Modekataloge, in denen kleine, eingefärbte Stoffproben eingeklebt waren, um die fehlenden Farben auf den Bildern zu ersetzen. Dieser bunte Ausflug in die Kulturgeschichte und die Welt der Farben, Farbstoffe und Pigmente markierte aber gleichzeitig auch den Abschluss unseres Besuches des Campus der TU.

Farbstoffsammlung

Die vielen Eindrücke konnten wir sacken lassen, als wir auf eine Straßenbahn warteten, die uns in die Innenstadt brachte, wo wir bei einer kleinen Stadtführung sehen konnten, wie die Frauenkirche, der Fürstenzug und die Semperoper heutzutage aussehen.

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Zurück im IC auf dem Weg nach Magdeburg ließen wir den Tag noch einmal Revue passieren, indem wir uns die Fotos anschauten und schon die nächsten Termine und das weitere Vorgehen auf dem Weg zu unserer eigenen Ausstellung „Objektbiographien 25 Jahre OVGU“ besprochen wurden.

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Text: Undine Zeisberg

Bilder: Undine Zeisberg, Dr. Nora Pleßke

Letzte Änderung: 17.01.2023 - Ansprechpartner: Webmaster